Neue Razzien gegen eine mutmaßliche Online-Gruppe, die bundesweit mit Bombendrohungen für Chaos gesorgt haben soll: Das BKA und die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität haben heute Wohnungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt durchsucht. Unter den Beschuldigten sollen sich auch mehrere Jugendliche befinden. Ihnen wird vorgeworfen, Teil einer Tätergruppe gewesen zu sein, die hunderte Drohmails an Schulen, Bahnhöfe, Einkaufszentren und andere öffentliche Einrichtungen verschickt hat, um maximale Panik und Einsatzlagen auszulösen.
Die Liste der Aktionen liest sich wie ein düsterer Rückblick auf ein Jahr voller Störungen: Evakuierung des Limbecker Platzes in Essen, gesperrte Bahnhöfe, geräumte Sendergebäude, geschlossene Schulen. Nichts davon war echt – aber alles teuer. Und wieder zeigt sich: Auch pure Falschmeldungen können den öffentlichen Raum lahmlegen, Polizeikräfte binden und Menschen verunsichern. Allein die Einsätze sollen Schäden im hohen fünfstelligen Bereich verursacht haben.
Besonders brisant: Die Gruppe, die sich in einem Messenger-Chat mit dem bezeichnenden Namen „Schweinetreff“ organisiert haben soll, nutzte offenbar islamistische Anspielungen, um die Drohungen noch dramatischer wirken zu lassen. Eine echte religiöse Motivation fanden die Ermittler nicht – es ging offenbar nur um Aufmerksamkeit und den Kick, wenn Sicherheitsbehörden großflächig reagieren müssen.
Auch in Österreich waren ähnliche Drohserien ein massives Problem. Durch gemeinsame Ermittlungen sollen die Behörden dort wie hier auf umfangreiche Spuren gestoßen sein, die schließlich zur Identifizierung der mutmaßlich Beteiligten geführt haben. Beschlagnahmt wurden zahlreiche Geräte und Speicherträger – offenbar rechnet niemand damit, dass man im Netz wirklich anonym bleibt.
BKA-Vizepräsident Sven Kurenbach weist darauf hin, dass solche Aktionen nicht nur strafrechtliche Folgen haben, sondern auch finanziell ruinös werden können: Großeinsätze kosten – und im Zweifel zahlt der Verursacher. ZIT-Leiter Benjamin Krause macht deutlich, dass es sich hier nicht um „Streiche“ handelt, sondern um Straftaten, die Sicherheit und Alltag massiv beeinträchtigen.
Vor wenigen Monaten hatten ZIT und BKA bereits eine andere Online-Gruppe namens „New World Order“ im Visier, die Cybermobbing und Stalking organisiert haben soll. Die heutige Aktion reiht sich nahtlos ein: Der Rechtsstaat will zeigen, dass digitale Straftaten kein Kavaliersdelikt sind – egal, wie jung die Täter sind und wie harmlos sie ihre Aktionen selbst einschätzen mögen.



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