Tethers lange Liste an Transparenzproblemen liest sich wie ein Wirtschaftskrimi, bei dem der Täter ständig behauptet, unschuldig zu sein – während er gleichzeitig mit 116 Tonnen Gold klappert. Die jüngsten Entwicklungen (Stand 27. November 2025, 08:39 CET) zeigen: Der Stablecoin-Gigant wächst weiter, doch das Vertrauen hinkt hinterher.
Schon früh wurde Tether dafür kritisiert, dass die angebliche 100%-USD-Deckung eher einem frommen Wunsch als einem belastbaren Audit glich. Während Konkurrent Circle seine Bücher regelmäßig von Big-Four-nahen Prüfern durchleuchten lässt, servierte Tether der Öffentlichkeit jahrelang nur „Attestations“ – hübsch verpackte Momentaufnahmen, die so viel Aussagekraft haben wie ein Screenshot vom Kontostand nach dem Gehaltseingang. Spätestens seit der CFTC offenlegte, dass USDT zwischen 2016 und 2019 nur zu 27,6 % der Zeit voll gedeckt war, ist die Mär vom „1:1 USD backed“ endgültig verbrannt.
Seitdem versucht Tether gegenzusteuern – mit einer immer spektakuläreren Reservestrategie. US-Staatsanleihen? Check. Bitcoin? Über 82.000 Stück. Gold? Mittlerweile 116 Tonnen – und damit mehr als manche Kleinstaaten. Doch genau hier beginnt die nächste Akte: Ein Stablecoin, der auf volatilen Assets sitzt, die im Ernstfall nicht schnell genug liquidiert werden können, wirkt ungefähr so stabil wie ein Kartenhaus bei Windstärke 8. Selbst S&P hat die Reißleine gezogen und Tether auf „weak“ herabgestuft – mit dem Hinweis auf fehlende Transparenz bei Kustodien und Gegenparteien.
Zusätzlich brodeln wieder einmal die Gerüchte um US-Ermittlungen – angeblich wegen Sanktionen und Geldwäsche. Natürlich weist Tether-CEO Paolo Ardoino alles weit von sich, doch wer seine Chronik kennt, weiß: Die größte Konstante in Tethers Geschichte ist das Dementi.
Und trotzdem: Der Markt hält an USDT fest wie ein Schiffbrüchiger an der Planke. 109 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung – der Stablecoin regiert, weil die Alternativen schwach und die Krypto-Ökonomie abhängig von Liquidität ist. Zwischen Goldjüngern und Skeptikern auf X tobt der Glaubenskrieg, während der Peg weiterhin erstaunlich stabil bleibt.
Am Ende bleibt die Frage, die sich seit 2017 hartnäckig hält: Hat Tether wirklich alles im Griff – oder nur alles im Nebel? Solange kein unabhängiges Vollaudit auf dem Tisch liegt, bleibt USDT der größte Vertrauensvorschuss der Finanzgeschichte. Und irgendwann muss jeder Vorschuss zurückgezahlt werden.



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