KI-Fahndung auf der Straße: Britische Polizei analysiert Fahrten von Millionen Bürgern

KI-Fahndung auf der Straße: Britische Polizei analysiert Fahrten von Millionen Bürgern

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Großbritannien testet den nächsten Baustein des Überwachungsstaates. Wie das Bürgerrechtsportal Reclaim The Net berichtet, experimentieren britische Polizeibehörden mit einem KI-System, das komplette Fahrtrouten von Autofahrern auswertet und eigenständig als „verdächtig“ einstuft. Grundlage ist das landesweite Kennzeichenerfassungssystem ANPR, das täglich über 100 Millionen Fahrzeugbewegungen speichert.

Was bislang der gezielten Fahndung diente, wird nun zur algorithmischen Rasterfahndung. Die neue Software analysiert nicht mehr einzelne Kennzeichen, sondern ganze Bewegungsmuster: Wer fährt wann wohin, wie oft, auf welchen Strecken – und ob dieses Verhalten vom System als „normal“ oder „auffällig“ eingestuft wird. Konkreter Tatverdacht ist dafür nicht nötig.

Das Projekt mit dem bezeichnenden Namen „Operation Ignition“ wird bereits in mehreren Regionen Englands und Wales erprobt. Entwickelt wurde die Technik von einem KI-Unternehmen mit engen Verbindungen zu Regierung und Behörden. Die Software lernt aus historischen Bewegungsdaten und erstellt automatisch Zielprofile – ohne richterliche Anordnung, ohne Wissen der Betroffenen, ohne demokratische Kontrolle.

Interne Dokumente räumen offen ein, dass dabei potenziell Millionen von Fahrzeugkennzeichen verarbeitet werden. Was offiziell als begrenzter Testlauf verkauft wird, ist längst als Blaupause für eine landesweite Einführung gedacht. Datenschützer sprechen von einem klassischen Fall von „Mission Creep“: Ein System, das zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eingeführt wurde, weitet sich Schritt für Schritt auf den Alltag der gesamten Bevölkerung aus.

Schon heute gehört das britische ANPR-Netz zu den größten Überwachungsinfrastrukturen der Welt. Mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz wird daraus ein Instrument, das nicht nur speichert, sondern bewertet, sortiert und prognostiziert. Der Bürger wird nicht mehr beobachtet, weil er verdächtig ist – er wird verdächtig, weil er beobachtet wird.

Die Behörden beschwichtigen und verweisen auf Ethikgremien, Datenschutzauflagen und angeblich „kleine Datenmengen“. Doch die Erfahrung zeigt: Ist eine technische Möglichkeit erst geschaffen, wird sie genutzt – und ausgeweitet. Die Grenze zwischen Strafverfolgung und Totalüberwachung verschwindet nicht plötzlich, sondern schleichend.

Am Ende steht ein System, das weiß, wie sich Menschen bewegen, mit wem sie verkehren und welche Muster ihr Leben prägen. Freiheit wird dabei nicht abgeschafft, sondern statistisch neu definiert – von Algorithmen, die niemand gewählt hat und die sich keiner öffentlichen Rechenschaft stellen müssen.


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